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Zündnadelgewehre

Anfang des 19.Jahrhunderts fochten die Heere in Europa noch mit glatten Steinschlossgewehren, die mit unterkalibrigen Rundkugeln geladen wurden. Der Grund bestand darin, dass die Kugeln auch in einem verschmauchten Lauf leicht geladen werden konnten und dadurch die Ladegeschwindigkeit gesteigert werden konnte. Der wesentliche Nachteil bestand jedoch in einer schlechten Treffleistung und einer geringeren Reichweite. Dieser Nachteil wurde durch die sogenannte "Linientaktik" versucht wett zu machen. Dazu standen viele Schützen in einer Reihe dicht nebeneinander und (in zwei oder drei Reihen) gestaffelt hintereinander. Auf Kommando wurde gleichzeitig gefeuert. Gezogene Vorderlader wurden bei Jägereinheiten (Eliteeinheiten zum gezielten Beschießen wichtiger Ziele) eingesetzt. Die Verwendung gepflasterter Kugeln in gezogenen Vorderladern erhöhte die Ladezeit ganz erheblich. Ein weiterer Nachteil war die Tatsache, dass Vorderlader nur im Stehen geladen werden können und dadurch der Schütze dem Feuer des Gegners ausgesetzt ist.

Zwar gab es später in der Zeit der Einführung des Dreyse-Zündnadel-Gewehrs bereits bei der Truppe recht präzise schießende Vorderlader mit Perkussionszündung, dennoch blieb das Problem, dass das Laden eines Vorderladers seine Zeit brauchte und nur im Stehen geschehen konnte. Dies mussten die Einheiten, ausgerüstet mit diesen präzisen Vorderladern, leidvoll erfahren als sie in das Schnellfeuer preussischer Zündnadelgewehre geraten sind.

Verschiedene Hinterladersysteme waren durch verschiedene Tüftler schon erfunden, taugten jedoch nicht für den Militäreinsatz. Ein grosses Problem stellte dabei auch die Gewährleistung der Gasdichtigkeit dar. Das Grundprinzip der Metallpratronen war zwar schon erfunden, aber diese konnten maschinell noch nicht hergestellt werden, da die Maschinentechnik noch nicht weitgenug entwickelt war.

Dreyse Haus

Das Dreyse-Haus, das heute das historisch-technisches Museum zu Sömmerda beherbergt.

Dieser Umstand wurde auch Johann Nikolaus von Dreyse bewußt (geboren am 20.11.1787 als Sohn des Schlossermeisters, dessen Geschäft er übernahm, Johann Christian Dreyse und dessen Ehefrau Susanne in Sömmerda, Thüringen), als er auf Wanderschaft, bei Erfurt 1806 die geschlagenen preussischen Truppen von der Doppelschlacht Jena und Auerstadt und das Elend auf den Schlachtfeldern sah.
Nikolaus und Franz von Dreyse
Links: Nikolaus von Dreyse rechts: sein Sohn Franz von Dreyse
(Gemälde im Dreysehaus zu Sömmerda)


Eine weitere Station auf dem Weg von Nikolaus Dreyse war Dresden, wo er bei einem Schlossermeister Mühlefeld arbeitete und sein Wissen und seine Fertigkeiten im Schlosserhandwerk ausbaute. Anschließend ging er nach Paris, wo mit er bei dem Obristen Pauly in dessen Maschinen- und Gewehrfabrik die Grundlagen für seine spätere Erfindung legte. Pauly konstruierte einen Hinterladersystem für die Armee Kaiser Napoleon I., das jedoch nicht eingeführt wurde. Dabei handelt es sich um eine Art "Kipplaufsystem" mit Papierpatronen, bei denen Geschoss, Pulverladung und Zündmittel (Kaliumchlorat und Knallquecksilber) vereinigt sind. Der Bodenteil des Kipplaufsystems hatte einen kegeligen Rand, um die Gasdichtigkeit zu gewährleisten.

Fabrikfassade

Noch erhaltener Teil der früheren Fassade der Dreysefabrik. Heute Teil des historisch-technisches Museum zu Sömmerda.

Zurück aus Paris konstruierte Dreyse 1835, wirtschaftlich gestützt auf die Produktion von Zündhütchen, einen brauchbaren Hinterlader, der eine militärtechnische Revolution des 19.Jahrhunderts darstellte. Die wichtigste Erfindung war die des Zylinderverschlusses.
An dem Lauf ist hinten eine Hülse geschraubt, die mittels einer Nut dem Verschluss als Führung dient und eine Schrägfläche von 4° (Selbsthemmung) besitzt, gegen die sich der Kammerstengel stützt und damit das System verriegelt wird. Der Innenkegel des Verschlusszylinders passt auf den Aussenkegel des Laufs und sorgt damit für eine Abdichtung. Eine brauchbare Gasdichtigkeit war das Hauptproblem aller Hinterladerkonstruktionen vor der Einführung der Metallpatronen.
Dreyseverschluss

Hinten im Verschlusszylinder befindet sich das sogenannte Schlösschen, das nach der Verriegelung des Systems vorgeschoben wird. Damit wird die Zündnadel gespannt. Wird der Abzug betätigt, sticht die Nadel durch den Boden der Papierpatrone und durch die Pulverladung und bringt die Zündpille im Treibspiegel zur Explosion. Dadurch wird die Treibladung (Schwarzpulver 4,9g) gezündet. Damit wird auch schon ein Nachteil des Dreysschen Systems klar; die Zündnadel befindet sich während des Abbrands der Treibladung in deren Feuerstrahl und ist hohem Verschleiss ausgesetzt. Beim Öffnen des Verschluss muss das Schlösschen ebenfalls zurück gezogen werden.
Zuendnadelgewehr

Eine Truppenerprobung 1839/40 ergab eine grosse Schussgenauigkeit (gezogener Lauf) und hohe Zuverlässigkeit. Aufgrund dessen wurde das Gewehr 1841 mit der Tarnbezeichnung "leichtes Perkussionsgewehr" als Modell 41 in die preußische Armee eingeführt. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Variationen und Verbesserungen vorgenommen, deren detailierte Ausführungen den Rahmen dieser kurzen Zusammenfassung sprengen würde. Als wichtigste Modelle sind hier die Modelle M/62 und M/65 zu nennen. Ein weiterer Verdienst von Dreyse war der Einsatz neuer Fertigungsmethoden mit Arbeitsteilung (Spezialisierung) und Werkzeugmaschinen (Drehbänke etc.). So wurden bis 1868 ca. 620000 Gewehre für die Armee und ca. 445000 Gewehre für die Reserve hergestellt.
Die Zündnadelgewehre wurden auch bei Ländern, die mit Preußen verbündet waren eingeführt oder kopiert. Aufgrund hervorragender Erfolge auf den Schlachtfeldern dieser Zeit in Europa wurde auch das Ausland aufmerksam und dort wurde das System adaptiert. Als wichtigste und erfolgreichste Adaption bzw. Weiterentwicklung ist das französische Chassepotgewehr M1866 zu nennnen. Konstrukteur war Antoine Alphonse Chassepot (1833-1905), Kontrolleur in französischen Waffenmanufakturen. Er setzte die Zündpille an den Boden der Papierpatrone, so dass die Nadel nicht mehr die ganze Pulverladung durchstechen musste und dadurch mit der Zeit ausglühte. Er veringerte das Kaliber auf 11mm (Kaliber bei Dreyse ca. 16mm) und erhöhte die Pulverladung, was die Balistik verbesserte und eine grössere Schussweite erbrachte. Der Ladevorgang war schneller, da nur einmal die Zündnadel gespannt werden musste ( zurückziehen und vorschieben des Schlösschen beim Dreysesystem). Der Einbau eines elastischen Puffers aus Kautschuk machte das System zuverlässig gasdicht. Beim Dreysesystem brennt mit der Zeit durch leichtes verkannten die Zylinderdichtfläche aus und muss nachgearbeitet werden.
Chassepotgewehr

Beim Chassepotgewehr genügt der Austausch des Kautschukdichtrings. Es wurden ca. 1,2 Mio Chassepotgewehre hergestellt, im Wesentlichen in den Werken St. Etienne und Mutzig. Als Beutestücke wurden sie auch in der preußischen Armee eingesetzt. Trotzt der ballistischen Überlegenheit des Chassepotgewehrs behielten die preußischen Truppen die Oberhand aufgrund des besseren Drills, der besseren Ausbildung und besserer operationeller Führung. Diese Zeit stellte den Übergang von der Lineartaktik (mit dem Bajonettstoß) zu den aufgegliederten Schützenschwärmen und dem Schießen aus der Deckung heraus dar (Eingraben in Stellungen).
Heute ist das Schießen mit Zündnadelgewehren ein Form des Ordonanzgewehrschießens und eine reizvolle Herausvorderung alte epochemachende Technik zu reaktivieren.

Hier finden Sie eine Anleitung zur Herstellung von Papierpatronen für Zündnadelgewehre


Fabrikfassade

Für seine Verdienste für den preussischen Staat wurde Nikolaus von Dreyse in den erblichen Adelsstand erhoben. Das Bild zeigt die Adelsurkunde, die sich heute im historisch-technisches Museum zu Sömmerda befindet.



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